Kurz vor den Ferien machten sich 25 Schülerinnen und Schüler der Klasse 6b des Geschwister-Scholl-Gymnasiums zu Fuß auf den Weg, um an ungewöhnlichen Orten zu lesen. Die Idee hinter diesem Projekt ist es, neue Buchideen vorzustellen und insgesamt die Freude am Lesen zu stärken. Dazu werden thematisch zum Ort passende Bücher in Auszügen vorgelesen, meist von Menschen, die mit diesem Ort verbunden sind. Gemeinsam mit ihrer Deutschlehrerin, Frau Hamachers-Dräger, hatten die Sechstklässler im Vorfeld nach Orten gesucht, die sie gerne einmal lesend entdecken wollten.
Den Auftakt machte am Donnerstag, den 10.10., ein gastlicher Besuch bei Bürgermeister Helmut Könning im Ratssaal der Stadt Stadtlohn. Nach einer kurzen Einführung zur Funktion von Rat und Verwaltung und zu der Frage, was den Ratssaal zu einem ganz besonderen Ort macht, las der Bürgermeister einen Auszug aus dem Buch „Amy und die geheime Bibliothek“ vor. In diesem Buch geht es um ein Mädchen, das sich u.a. während einer Schulausschusssitzung gegen die willkürliche Verbannung von Büchern aus ihrer Schulbibliothek zur Wehr setzt. Auf die Frage, warum dieses Buch so gut in den Sitzungssaal passe, zogen die Schülerinnen und Schüler die Parallele, dass sich auch an diesem Ort Menschen für die Interessen der Allgemeinheit einsetzen und ihre Meinung vertreten. Es blieb außerdem noch genügend Zeit, um auf die zahlreichen Fragen der Kinder einzugehen, beispielsweise nach der Funktionsweise der Mikrofonanlage oder dem Archiv der Stadt.
Am Freitag, den 11.10., sah das Projekt den Besuch verschiedener Stationen vor. Zunächst sorgten die Schulsekretärin Manuela Watermann und der Hausmeister Dieter Kölker für eine interessante Führung mit Gruselfaktor durch das weitläufige Kellerlabyrinth der Schule. Ein Ort, den sich die Klasse 6b besonders gewünscht hatte, und den sie aufgrund der „Special Effects“ bestimmt nicht so schnell vergessen wird. Gelesen wurde „Knolle Murphy“, ein Buch mit viel Wortwitz über zwei Brüder, die einen Großteil ihrer Ferien in der Bibliothek bei einer gestrengen Bibliothekarin verbringen müssen, dabei viel Chaos stiften und am Ende doch zu großen Lesern werden.
Anschließend ging es zur Krypta der St. Otger Kirche, wo die Kinder von Kaplan Hagedorn in Empfang genommen wurden. „Das Apfelkuchenwunder oder Die Logik des Verschwindens“ handelt von Oscar, einem Jungen, der ein besonderes Gespür für seine Mitmenschen hat und über die Gabe verfügt, anderen Menschen mit seinem Apfelkuchen zu helfen. Dieses Buch über die Bedeutung wahrer Freundschaft fand großen Anklang bei den Schülerinnen und Schülern, die Parallelen zwischen der Krypta – als Ort der Begegnung – und dem vorgetragenen Auszug des Buches zogen. Spannend war auch der Besuch des Kirchenschatzes, der mit seinen historischen Raritäten, teilweise aus dem Jahr 1530, für Staunen sorgte.
Für viel Freude sorgte auch der anschließende Besuch des Eisenbahnmuseums. Hier wurde die Klasse zunächst von Heinz Garwer begrüßt und facettenreich in die Geschichte des Bahnbetriebs in Stadtlohn eingeführt. Eine Ära, die 1986 – lange vor der Geburt der Schülerinnen und Schüler – in Stadtlohn ein Ende gefunden hat. Zahlreiche interessante Museumsstücke sorgten für reichlich Gesprächsstoff und Fragen an Herrn Garwer, der diese kenntnisreich beantwortete. Besonders der Schienenwagen und die Modelleisenbahn sorgten für Interesse. Im Personenwagen des Museums las Frau Hamachers-Dräger dann einen Auszug aus dem Buch „Rick: Wie man seine durchgeknallte Familie überlebt“ vor, der ebenfalls in einem Museum spielt und in dem es um zwei sehr unterschiedliche Jungen geht, die durch eine gemeinsam im Museum verbrachte Nacht, in der sie gemeinsame Abenteuer bestehen, doch noch Freunde werden.
Ein abschließendes Highlight stellte die Einladung ins Atelier „creativwerk“ durch Ulrike und Uwe Esperester dar. Hier fand für die Schülerinnen und Schüler quasi eine „Vorpremiere“ der Buchpräsentation von „Hoeder Eekboom – Der Hüter der Zwillingseiche“ statt. Das am 8. November erscheinende Buch erzählt auf Hoch- sowie auf Plattdeutsch vom Einzug des Wichtels Hoeder in das Haus der Familie vor über 100 Jahren. So begaben sich die Kinder auf eine Zeitreise in ein früheres Stadtlohn, was besonders durch den Charme des Ortes begünstigt wurde. „Ist das schön hier“, bemerkten Anna und Marie beim Betreten des verwunschen wirkenden Gartens. Auch das Atelier lud zum Staunen und Bewundern ein und verfehlte die Wirkung auf die jungen Besucher nicht.
Am Ende des Tages blieb bei den Kindern sowie den begleitenden Lehrerinnen Frau Tiffert und Frau Hamachers-Dräger ein außerordentlich positives Grundgefühl zurück, mit dem die entgegen aller Wetterprognosen trockenen Gebliebenen in die Ferien starten konnten.